Das internationale Projekt lief Über 2 Jahre. Zum Thema »Grenzensuche – Grenzübergänge« entwickelten zahlreiche Grafik-Designer unter ganz speziellen Bedingungen Plakate. Die Konzeption der grafischen Aufgabenstellung gehörte ebenso zu unseren Aufgaben wie die Betreuung der Teilnehmer und die Organisation der Ausstellung. Am zwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls wurde die Ausstellung in Budapest durch den Kulturattaché der Deutschen Botschaft eröffnet.
Babette Caesar Berichtet in der Schwäbischen Zeitung:
Ravensburg – Das Projekt »Curios« ist eine Kooperation zwischen deutschen und ungarischen Grafikdesignern. initiiert hat es die in Tettnang tätige Ungarin Eva Plieske (Büro »wir sind gestalter.« a.d.V.) und die Ravensburger Schule für Gestaltung unter Leitung von Roland Wagner. Teilgenommen haben hiesige Studenten, die Moholy-Nagy-Universität in Budapest sowie renommierte Grafikdesigner beider Länder.
Was sich hinter dem Projektnamen »curios« verbirgt, bringt die Grafikdesignerin Eva Plieske auf einen kurzen Nenner: Unterschiede und Gemeinsamkeiten entdecken heißt neugierig auf das Andere zu sein. Sie, die seit 17 jahren in Deutschland lebt, an der Schule für Gestaltung studiert hat und jetzt zusammen mit Michael Och das Tettnanger Büro »wir sind gestalter« leitet, hat im Sommer 2007 den Anstoß gegeben.
Während eines Gesprächs mit dem Budapester Grafikdesigner Zsolt Czakó über die Unterschiede zwischen deutschem und ungarischem Design wurde die interkulturelle Idee geboren. Komplettiert hat das Trio die Psychologiedozentin Dr. Anikó Illés. Was ist Studenten beider Nationalitäten wichtig und unwichtig an gestalterischer Kunst? Das klärten insgesamt 40 Interviews, die das Trio mit deutschen und ungarischen Studenten sowie gestandenen Grafikdesignern führte.
Unter psychologischen Gesichtspunkten ausgewertet, kam das Wort »Kompromiss« als zentrales Thema heraus. Es bietet einigen Zündstoff, wendet man es auf Wertigkeitsfragen nach freier Kunst und Gebrauchsgrafik an, auf die divergierenden Vorstellungen zwischen Gestalter und Kunde, auf maximal Machbares und die vorgegebene Finanzierung.
Hierzwischen verläuft oft eine Grenze. Zwischen der ehemaligen DDR und Ungarn war es bis 1989 die Mauer, zu deren Fall Ungarn wesentlich beigetragen hat. »Grenzensuche – Grenzübergänge« lautete die Aufgabenstellung an die 30 Paare, die im Losverfahren ausgewählt wurden. Unter ihnen der inzwischen verstorbene Rolf Müller (www.buerorolfmueller.de) als erfahrener deutscher Designer und Dozent an der Schule für Gestaltung, dem zusammen Otl Aicher die visuelle gestaltung der Olympischen Spiele in München 1972 oblag. Zsolt Czakó auf der Budapester Seite, dessen Arbeiten sich auch im New Yorker Museum of Modern Art befinden.
Ein weißes Blatt im A2-Format, in der Mitte durch eine schwarze Linie geteilt, das ist die Vorgabe an die Teilnehmer, visuell und per Email miteinander zu kommunizieren. Dieses Konzept stamme, so Wagner, aus seinem Fundus. Einer beginnt mit einem gestalterischen Eingriff, schickt das so veränderte Plakat an seinen Partner, welcher innerhalb von zwei Wochen den nächsten Schritt unternimmt. aber ohne das Bestehende zu modifizieren oder gar zu entfernen.
An diesem Punkt zeigte sich der Grad an Kompromissfähigkeit, wenn ein anderer das eigene in seinem Sinne fortführt. Durchaus wütende Reaktionen hat das hervorgebracht, die bis hin zur Verweigerung reichten.
Letzteres ist im Sinne von Wagner und dessen Mitarbeiterin Michaela Gleinser, dass visuelle Gestaltung ohne Sprache auskommt. Sechsmal ging es zwischen den Paaren seit Frühjahr 2009 hin und her, und entstanden sind 30 individuelle Plakate, die Unterschiede zwischen deutschen und ungarischen Designvorstellungen deutlich werden lassen. Das deutsche Design ist reduzierter, klarer und technischer, während die Ungarn verspielter und blumiger gestalten, sind sich die Teilnehmer einig.
In den Räumen des budapester L´Office der ungarischen Agentur »plusminus« eröffneten die Teilnehmer beider Schulen am 3. Oktober exakt um 20.09 Uhr die Ausstellung »curios« (bis 9. November 2009). Die Paare sind sich hier erstmals leibhaftig begegnet. Stressig sei es in der Schlussphase gewesen, so Plieske, da es kein eigenes Budget gab oder Teilnehmer vergeblich auf die Antwort ihres Partners warteten.
Aus Sicht von Wagner ist dies nicht das letzte gemeinsame Projekt gewesen. Ihm schwebt Übergreifendes in Richtung Studentenaustausch vor. Geplant ist für März 2010, die Ausstellung »curios« in Ravensburg in der Schule für Gestaltung zu präsentieren.